Name | "Death Road" oder "El Camino de la Muerte" - die Straße des Todes |
Beschreibung | Gefährlichste Straße der Welt |
Lage | Zwischen dem Abra La Cumbre nahe La Paz und den Yungas |
Distanz | 65 km |
Höhenunterschied | ca. 3.450 m |
Früh am Morgen starten wir - 10 Abenteurer und 3 Crew-Mitglieder in einen Minibus gepfercht, auf dem Dach 14 Fahrräder. Es geht raus aus La Paz. Der kleine Van quält sich die ersten 400 Höhenmeter aus der Stadt hinaus. Der tiefste Punkt der großen bolivianischen Andenstadt liegt auf 3.800m, der höchste bei 4.200m. Doch wir werden bis zu unserem Startpunkt noch weitere 400 Höhenmeter zurücklegen müssen. Auf dem höchsten Punkt, dem Abra La Cumbre mit ca. 4.650m stoppen wir. Bis hierher sind es von La Paz aus 27 Kilometer.
Hier oben ist es ordentlich kalt. An einigen Stellen liegt Schnee, doch zum Glück ist die Straße schnee- und eisfrei. Wir lassen uns nicht beirren und beginnen mit den Vorbereitungen. Um nicht auf den ersten Metern im eisigen Wind zu erfrieren müssen wir uns warm anziehen. Hinzu kommen Regenhose, Regenjacke, dicke Handschuhe, und ein Helm, der über die Mütze geschnallt wird. Inzwischen sind die Fahrräder vom Dach geladen und wir können beginnen sie an unsere Körpergröße anzupassen.
Inzwischen ist Nebel aufgezogen und die Sicht wird immer schlechter. Doch wir sind fest entschlossen dennoch zu starten. Der Weg ist weit, 65 Kilometer haben wir vor uns. Also starten wir! Das erste Stück der Strecke ist asphaltiert und fährt sich somit recht gut. Doch der Fahrtwind ist eisig, da helfen selbst Mütze und Handschuhe wenig. Der Nebel ist teilweise so dicht, dass wir die Strecke teilweise fast im Blindflug fahren. Doch je tiefer wir kommen, desto lichter wird der Nebel. Auch die Temperaturen werden langsam erträglich. Wir haben uns ordentlich warm gefahren und auch die ab und an durchblitzende Sonne tut ihr Übriges. Zumindest haben wir nun langsam Plusgrade.
Bis jetzt geht die Straße immer schön bergab. Das kommt uns sehr zugute bei der Höhe. Hier ist doch die Luft ein wenig dünn. Doch was ist das? Die Straße geht nun auf einmal ganz leicht bergauf. Eigentlich nicht der Rede wert und in unseren Breiten kaum zu spüren, doch hier... Die Höhe macht mir echt zu schaffen. Es ist nicht daran zu denken, hier weiter zu fahren. Das hatte ich bereits im Colca-Canyon in Peru auf geringerer Höhe versucht und mir anschließend beinahe die Lunge aus dem Leib gehustet.
Immer wieder legen wir kurze Pausen ein, um uns nicht zu verlieren. Die ersten 25 Kilometer haben wir bereits geschafft. Dank der gut geteerten Straße ging es recht gut und wir kamen auch schnell voran. Jetzt jedoch fängt es an zu regnen und bald wird auch die Asphaltstraße hinter uns liegen. Wie werden die Streckenverhältnisse sein, wenn wir erst in den unbefestigten und gefährlichen Abschnitt kommen?
Noch immer hat der Regen nicht nachgelassen, als wir auf die nur schmale Schotterpiste fahren. Jetzt fängt das Abenteuer erst richtig an! Rechts die steile Bergwand, links der Steilhang, der 300 Meter in die Tiefe geht. Wer hier abstürzt, hat verloren. Rettung aussichtslos! Ab hier herrscht Linksverkehr. Das bedeutet für uns, die Fahrt am Abgrund. Ab und an sind kleine Haltebuchten, denn 2 kommen hier nicht aneinander vorbei. Selbst Radfahrer und Auto ist zu gefährlich - und Autos sieht man hier selten. Die Strecke wird hauptsächlich von LKWs befahren. Tonnenschwer kämpfen sie sich aus den tropischen Gefilden Boliviens hoch nach La Paz. Eine neue Straße ist bereits im Bau, doch der Weg wird weiter sein. Mehr Weg, mehr Zeit, mehr Sprit. Es wird wohl weiter eine Straße bleiben, wo jährlich viele Fahrer mit ihrem Fahrzeug in den Tod stürzen.
Es dauert gar nicht lange und wir sehen aus wie Streifenhörnchen. Jeweils am Bauch und über den Rücken zieht sich ein dicker Schlammstreifen. Das Gesicht sieht ebenso aus. Immer wieder muss ich stoppen, um den Schlamm von der Brille zu wischen. Von der atemberaubenden Landschaft sieht man so natürlich wenig. Aber es macht unheimlichen Spaß. An die Gefahren denkt man in solch einem Moment, in dem man mit Adrenalin vollgepumpt ist, nicht.
Ein halbes Jahr später werde ich einen Artikel lesen, in dem die Gefahren der Strecke nochmal beschrieben werden. Darin steht auch, dass die Strecke bei Regen eigentlich unbefahrbar ist, da sie ein unkalkulierbares Risiko darstellt. Im Nachhinein kommt man da schon ins Grübeln.
Inzwischen haben wir den ersten leichten Sturz zu beklagen. Doch zum Glück sind es nur Schürfwunden und wir setzen die Fahrt fort. Ein zweiter Bruchpilot steigt über den Lenker ab - Lenker an einem Stein verschlagen. Das hätte böse enden können. Doch auch er steigt wieder auf. Am Abend get es dann leider doch noch ins Krankenhaus - Splitterbruch eines kleinen Knochens im Ellebogen und somit Gips - komplett, vom Oberarm bis zur Hand.
Die Piste ist inzwischen trocken, die Sonne scheint. Nach und nach schälen wir uns aus den Klamotten. Es wird richtig warm. Wir fahren durch nahezu alle Klimazonen.
Bei einer kurzen Pause erwischt es mich. Nein, nicht mit dem Rad. Bei einer obligatorischen Pinkelpause hat mich der Dschungel etwas unsanft aus dem steilen, steinigen Busch gespuckt. Erst drehte sich unter mir ein Stein und darauf folgte eine kleine Kettenreaktion - der Stein drehte auch mich um und so lag ich wie ein Maikäferchen am Straßenrand und hab erst einmal laut gelacht. Ein kleiner Muskelfaserriss am Schienbein ist die Folge - direkte Muskeldurchtrennung durch den spitzen Stein. Wie man sieht, kann man sich auf der gefährlichsten Straße der Welt auch anders verletzen.
Weiter geht es hinunter in Richtung Yungas. Gleich haben wir das Ziel erreicht. Wir fahren in zwei kleinen Gruppen. Die erste Gruppe ist uns ein Stück voraus. Unser Guide gibt uns zu verstehen, das wir in der Haltebucht stoppen sollen. In Sicht eine Haarnadelkurve, doch weit und breit kein Gegenverkehr. Doch unsere Guides haben sich wohl noch einen Spaß ausgedacht. In der Kurve ist eine riesige Pfütze, die nur an einer Stelle umfahren werden kann. Der Fahrer unseres Begleitfahrzeuges stellt sich genau an diese Stelle. So müssen wir als krönenden Abschluss unserer Tour noch einmal mit Schmackes durch die Pfütze pfeffern. Schon gemein, wo wir doch erst ein Stückchen weiter oben unsere Regenklamotten ausgezogen hatten. Doch hier unten herrscht tropisch feucht-warmes Klima, also... auf geht’s und ab durch die Pfütze...
Nun ist es nur noch ein kleines Stück und wir haben die 65 Kilometer geschafft. Angekommen in Puente Yolosa auf 1.200 Metern. Nach nunmehr 3.450 überwunden Höhenmetern haben wir uns das Abschlussbier redlich verdient. Die Fahrräder wurden inzwischen wieder auf den Kleinbus verladen. Nun kommt der angenehmste Teil der Tour! Es geht in ein 4-Sterne-Hotel nach Coroíco zum duschen. Ein bisschen Zeit um in den Pool zu springen haben wir auch, bevor wir mit einem Abendessen verwöhnt werden.
Mit dem kleinen Van geht es zurück nach La Paz. 4 Stunden Fahrt stehen uns bevor, 4 Stunden Fahrt die gefährlichste Straße der Welt hinauf. Doch noch ist es hell, noch kann man wenigstens die Straße sehen.
Fotos mit freundlicher Unterstützung von "Bside-Adventures" La Paz